Tage der Stille für Männer in Maria Kirchental/Lofer

Tage der Stille für Männer in Maria Kirchental/Lofer

Führe uns durch die Versuchung

„Wo bist du?“ und „Was hast du getan?“ fragt Gott

Vertreibung aus dem Paradies – ein tägliches Thema

Zweimal waren die „Tage der Stille“ im Besinnungshaus Maria Kirchental/Lofer wegen der Pandemie abgesagt worden. Nach dieser Zwangspause hatten sich voriges Wochenende zwölf Männer aus dem Bistum Passau wieder aufgemacht. Bepackt mit Rucksack wandernden sie bergauf zum Marien Wallfahrtsort mit dem „Pinzgauer Dom“, der nur über eine im Winter gesperrte Mautstraße erreichbar ist. Herrlich sonniges Vorfrühlingswetter war den Männern beschert.

Martin Rasch von der Kolpingsfamilie Burgkirchen hatte das Wochenende bereits 2021 vorbreitet. Das Paradies, der Sündenfall und die Vertreibung waren Thema. Neben der Kolpingfamilie Burgkirchen an der Alz war die Katholische Erwachsenenbildung Rottal-Inn-Salzach e.V. Altötting Veranstalter dieser Besinnungstage.

Die Geschichte von Adam und Eva, vom Frevel am Baum der Erkenntnis und der Vertreibung aus dem Paradies, ist eine der wirkungsmächtigsten, echoreichsten Erzählungen der Menschheit, hieß es in der Einladung. Sie lädt zum Nachdenken ein, über die Beziehung des Menschen zu Gott, über das Wesen des Bösen und die Möglichkeiten seiner Überwindung. Die unstillbare menschliche Sehnsucht nach Geltung, Bedeutung und Erkenntnis kommt darin zum Ausdruck. Und sie zeigt die schmerzhafte Erfahrung, dass diese Sehnsucht immer und notwendig Unterscheidung, Abspaltung, Auftrennung und Entfremdung hervorruft. Die Resonanz des biblischen Textes auf eigene Lebenserfahrungen und der Austausch unter den Teilnehmern dazu war sehrbereichernd.

Das Aufstehen aus dem kuschelig warmen Bett empfandmanch einer morgens schon als Vertreibung aus dem Paradies.Wenn Kinder und Jugendliche aus dem Hotel „Mama & Papa“ ausziehen, weil Ausbildung und berufliche und persönliche Veränderungen es nötig machen, wurde als Vertreibung aus dem Paradies markiert. Die Impulse waren gut vorbereitet und die Männer setzten sich aufgeschlossen und engagiert mit dem biblischen Text vom „Fall des Menschen“ auseinander. Wenn da zu lesen war, wie Eva durch die Schlange animiert, von den Früchten des Baumes in der Mitte des Gottesgartens nimmt und damit die Grenze vom menschlichen zum göttlichen überschreitet, wird damit die Erkenntnis von Gut und Böse hervorgerufen. Der dadurch ausgelöste Dialog, zunächst zwischen Adam und Gott und dann auch mit Eva, wurde von den Männern sehr genaustudiert und dabei ergaben sie neue Einblicke. Auffällig wurde, wie sehr die menschliche Fantasie und Bilder den tatsächlichen Wortlaut der Bibel überfrachten. Die Schuld-und Verantwortungsverschiebung der Menschen bewirkt die Vertreibung aus dem Paradies.

Die Frage wurde gestellt: Wie könnte das Gespräch zwischen Gott und den Menschen geführt werden, damit den Menschen das Paradies erhalten bliebe oder es ihnen wieder zugänglich wird? Da war reflektiertes Mannsein gefordert undselbstkritische Blicke auf eigene Lebensabschnitte:

Wann, wie, wo, war meine Vertreibung aus dem Paradies? Aus dem Schoss, dem Uterus, der Mutter, ins eigenständige Atmenund Leben. Vom arglosen Kindsein zum experimentierenden Knaben und Jungen. In der Jugendzeit durch Selbstfindung und – annahme des eigenen Geschlechts Selbstbewusstsein zu erlangen. Wo und wann gab es Grenzüberschreitungen und -verletzungen, List und Argwohn? Wie bin ich damit umgegangen? Diese Fragen waren Grundlage einer abendlichen Bussandacht in der kleinen Kapelle des Besinnungshauses. Die Männerrunde war berührt davon, dass in dem vermeintlich so vertrauten alten Bibeltext ganz viel persönlich erfahrenes Leben steckt.

Ein weiterer Gedanke, der die Teilnehmer beschäftigte, wardem Exultet der Osternacht entnommen: „O wahrhaft heilbringende Sünde des Adam, du wurdest uns zum Segen“. Die Männer erschlossen sich, dass der Paradiesverlust ein Bestandteil der Heilsgeschichte Gottes mit dem Menschen ist.Die Versuchung größer zu sein, mehr zu gelten, es besser haben zu wollen als andere besteht in unserer Welt seit Adam und Eva. Durch diese Versuchung von Gott geführt zu werden, ist eine der Bitten im Herrengebet „Vater unser…“. Beim Sonntagsgottesdienst in der großen Wallfahrtskirche war Martin Rasch Lektor und Erich Birke las Fürbitten. DasEvangelium vom barmherzigen Vater wurde von Pater Toni Ringseisen MSC für die Männer ausgelegt. Es mache deutlich, dass Gott dem Menschen die Freiheit schenkt, sich sogar von ihm selbst abzuwenden und ihm trotzdem zu jederzeit die Chance zur Umkehr und die Erlösung aus den Verstrickungen und Befangenheiten zu gewähren. In der Geschichte von der Paradiesvertreibung gibt Gott den Menschen am Ende Felle, damit sie ihre Blöße verdecken können. Welch ein großartig fürsorgliches Gottesbild erschloss sich hier. Gott lässt den Menschen selbst nach dem Vergehen im Paradies nicht nackt und entblößt am Pranger stehen, sondern schenkt ihm Würde und Ansehen.

Wie seit vielen Jahren gestaltete Josef Pittner wieder den Eintrag ins Gästebuch des Besinnungshauses Maria Kirchental. Er schrieb, dass der herzliche Empfang und die vorzügliche Gastfreundschaft der Schwestern der Missionarinnen Christi, Sr. Theresia Hoiß, Sr. Bärbel Thomäund Burgi Fernsebner maßgeblich zum Gelingen der Besinnungstage beigetragen haben. Hubert Schlederer bedankte sich im Namen der Mannschaft bei Martin Rasch für die Organisation und Leitung des Wochenendes an einem „heilsamen Ort“ in der Nachbardiözese Salzburg. Gern verwies Martin Rasch auf weitere schon geplante Veranstaltungen für Männer im Oktober 2022 im Kloster Neustift/Ortenburg und die nächsten Tage der Stille 2023 in Maria Kirchental.

Fotos: Josef Pittner

Nach dem sonntäglichen Gottesdienst in der Wallfahrtskirche Maria Kirchental stellten sich die Teilnehmer zu einem Erinnerungsfoto vor dem Portal auf. Neben Maria Plain zählt Maria Kirchental zu den beliebtesten Wallfahrtsorten im Salzburger Land. Kaum ein anderer Ort weit und breit kann eine so beeindruckende Einheit von Natur und Kultur, von Geschichte und Gegenwart aufweisen. Seit über 300 Jahren pilgern Salzburger, Tiroler, Oberösterreicher und Bayern zu diesem 900 m hoch gelegenen Gnadenort an den Füßen der Loferer Steinberge.

Anlagen: Gruppenbild Gästebucheintrag Maria Kirchental

Fotos: Josef Pittner und Martin Rasch

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